Es war ein Urteil, mit dem die Angeklagte offenkundig nicht gerechnet hatte. Linda R. (Name geändert), heute 22, stand vergangenes Jahr vor dem LandgerichtAugsburg, weil sie auf der B2 zwischen Augsburg und Kissing einen Unfall verursacht hatte. Sie steuerte ihr Auto in den Gegenverkehr– mit der Absicht, sich selbst zu töten. Der Unfall verlief vergleichsweise glimpflich, auch weil der 35-jährige Autofahrer auf der Gegenfahrbahn sein Tempo noch stark verringern und etwas ausweichen konnte. Linda R. als auch der andere Fahrer wurden mit kleineren Blessuren im Augsburger Uniklinikum behandelt.
Ursprünglich hatte die StaatsanwaltschaftLinda R. wegen Mordes angeklagt, am Ende des Prozesses beantragte sie eine Bewährungsstrafe. Die Jugendkammer verurteilte Linda R. allerdings nach Jugendstrafrecht zu drei Jahren Haft – wegen versuchten Totschlags und gefährlicher Körperverletzung. Das Gericht ging damit, was eher selten vorkommt, deutlich über die von der Staatsanwaltschaft geforderte Strafe hinaus.
Prozess in Augsburg: Gericht verhängt Haftstrafe nach Karambolage
In der mündlichen Urteilsbegründung hieß es, dass die Angeklagte "wenigstens billigend in Kauf" genommen habe, dass sich sowohl der Fahrer des entgegenkommenden Autos als auch andere Verkehrsteilnehmer verletzen oder ums Leben kommen können. Linda R. verdränge, was wirklich geschehen sei und entziehe sich so der Verantwortung. In Gesprächen, die nach dem Vorfall stattfanden, habe sie das Geschehene als "Unfall" bezeichnet. Sie sehe sich als "Opfer von schlechten Umständen".
Nach dem Schuldspruch war der Verteidiger von Linda R. in Revision gegangen, was bedeutete, dass der Bundesgerichtshof das Urteil auf etwaige Rechtsfehler überprüft. Wie ein Sprecher des LandgerichtesAugsburg nun mitteilt, ist der BGH zu dem Schluss gekommen, dass keine Rechtsfehler vorlagen. Der Bundesgerichtshof habe die Revision der Angeklagten einstimmig als unbegründet verworfen, heißt es vom Landgericht. Damit ist das Urteil rechtskräftig. (jaka)