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Augsburg
Dreck – und Gefahr für Radler? Illegale Mülldeponie sorgt für Aufsehen
In Augsburg-Haunstetten werden Tausende Tonnen Baustellen-Müll abtransportiert. Das hinterlässt Spuren, es regt sich Unmut. Wie ein Experte die Anlage bewertet.
Mülldeponie       -  Eine Spur der Verschmutzung hinterlassen Transport-Lastwägen, die Baustellen-Müll von der illegalen Mülldeponie in Augsburg-Haunstetten entsorgen.
Foto: Silvio Wyszengrad | Eine Spur der Verschmutzung hinterlassen Transport-Lastwägen, die Baustellen-Müll von der illegalen Mülldeponie in Augsburg-Haunstetten entsorgen.
Max Kramer
 |  aktualisiert: 11.03.2024 13:13 Uhr

Bestens sichtbar ist sie, so mitten auf dem freien Feld, direkt an der Straßenbahnlinie 3. Und trotzdem lief die Anlage an der Postillionstraße im Augsburger Stadtteil Haunstetten lange etwas unter dem Radar. Bis zu 22.500 Tonnen Baustellen-Müll lagern dort, verteilt auf einer Fläche von mehr als drei Fußballfeldern – illegal, und das seit 20 Jahren. Seit vergangenem November nun wird die Anlage geräumt, bis März oder April sollen alle Abfälle entsorgt sein. Dutzende Transport-Lkw rollen deshalb Tag für Tag zur Anlage und wieder weg, immer auch über die Straßenbahngleise. Die Folgen des gestiegenen Verkehrsaufkommens bleiben nicht unbemerkt.

Von 1999 bis 2003 lief auf dem Gelände eine genehmigte Anlage zur Behandlung von Abbruchabfällen. Als der Betreiber insolvent ging, kümmerte er sich jedoch nicht um die Entsorgung, sondern ließ den Baustellen-Müll schlicht liegen. Seitdem gilt die Anlage offiziell als "unzulässige Abfallablagerung" – eine illegale Mülldeponie, die nach Auskunft des Umweltreferats in dieser Größenordnung seit der Jahrtausendwende in Augsburg einmalig ist. Sie zu beseitigen, ist ein langwieriges Projekt – das Spuren hinterlässt, die nun auch den Stadtrat beschäftigt haben.

Illegale Mülldeponie liegt seit 2003 in Augsburg-Haunstetten

Margarete Heinrich, parteilose Stadträtin mit engem Bezug zu Haunstetten, spricht von "regem Lkw-Verkehr" in der Postillionstraße. "Die übergroßen Schwertransporter, größtenteils mit Nummernschildern aus Polen, blockieren nicht nur die Seitenstreifen. Sie gefährden durch ihr Parkverhalten auch Fußgängerinnen und Fußgänger sowie Radfahrende, vor allem in der Dunkelheit." Auch die Straßenbahn-Schienen würden durch das Überqueren der Transporter "sehr stark beansprucht". Heinrich wollte deshalb in einer Anfrage im Stadtrat unter anderem wissen, wer für die Schäden "durch diese extremen Belastungen" aufkommt und wie sichergestellt wird, dass der Müll diesmal gesetzeskonform entsorgt werde.

Umweltreferent Erben verwies darauf, dass die Stadt nicht festlegen könne, wohin und wie das Material abtransportiert werde. Die verantwortliche Firma müsse allerdings entsprechende Nachweise erbringen. Dass die Entsorgung aktuell stattfinde, sei nicht auf eine Anordnung der Stadt, sondern auf die Entscheidung des Grundstücksbesitzers zurückzuführen. Wie bereits zuvor gegenüber unserer Redaktion bekräftigte Erben, es gebe "momentan keinen Anlass zur Sorge, dass die Anlage Auswirkungen auf die Umwelt oder das Grundwasser" habe. Weitere Fragen von Heinrich - etwa zu möglichen Auswirkungen auf das geplante Neubaugebiet Haunstetten Südwest - sollen nachträglich beantwortet werden.

Nach Recherchen des ZDFgibt es in Deutschland mehr als 330 illegale Mülldeponien. Dazu zählt offiziell auch die Anlage in der Postillionstraße. Daniel Vollprecht, Inhaber des Lehrstuhls für Resource and Chemical Engineering an der Uni Augsburg, sieht in der Augsburger Deponie einen Fall, "wie er an sich in Deutschland häufiger auftritt, gerade im Zusammenhang mit Altablagerungen". Über 20 Jahre hinweg würden zwar durchaus Spuren freigesetzt. Eine Gefahr für die Umwelt müsse von der Anlage aber nicht automatisch ausgehen - zumal die Materialien, die nach Angaben der Stadt auf dem Gelände liegen, "in der Regel bedenkenlos liegen gelassen werden" könnten.

Experte: Anlagen heute werden "sehr gut und streng kontrolliert"

Altbeton und Ziegel enthielten zum Beispiel normalerweise "keine oder kaum Schadstoffe", Altreifen seien so konstruiert, dass sie über lange Zeit der Umwelt ausgesetzt seien. Bei anderen Materialien, etwa Dachpappe oder Heraklith-Platten, komme es unter anderem auf die genaue Zusammensetzung und Menge an. Schadstoffe, die in den unterschiedlichen Materialien enthalten seien, müssten nicht zwangsläufig auch in die Natur oder zum Menschen gelangen. Dies hänge auch von verschiedenen Faktoren ab - etwa, wie weit das Grundwasser entfernt oder wie der natürliche Untergrund beschaffen ist. Nach Auskunft der Stadt liegen die derzeit sichtbaren Ablagerungen auf einer ehemaligen Kiesgrube, die ihrerzeit ebenfalls mit Abfällen verfüllt wurde. Diese darunterliegende Ablagerung unterliegt bodenschutzrechtlichen Bestimmungen, zu denen etwa Messungen gehören. Grundsätzlich, betont Vollprecht, sehe er illegale Mülldeponien in der Region "nicht als das große Problem". Heute werde "alles sehr gut und streng kontrolliert".

Das Bayerische Landesamt für Umwelt (LfU) erfasst im gesamten Freistaat "altlastverdächtige Flächen". Dem "Altlastenkataster" zufolge befinden sich im Augsburger Stadtgebiet 25 dieser Flächen. Oft handelt es sich um ehemalige Militär- und Industrieanlagen oder Mülldeponien.

 
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