Augsburg ist nicht München. Aber da, sagt Max Kuhnle, Chef der Augsburger BrauereiThorbräu, "ist es ja schon so weit". Zumindest umgerechnet. "Wenn man sich anschaut, was dort 0,33 oder 0,4 Liter Bier kosten, dann ist man teilweise jetzt schon nah dran." Oder beim Oktoberfest: "Ich bin mir relativ sicher, dass die Maß Bier in diesem Jahr um die 15 Euro kostet – das geteilt durch zwei, dann hat man's." Dann hat man sie, die 7,50 Euro für einen halben Liter Bier, die seit Kurzem als Schreckgespenst herumgeistern. Heraufbeschworen hat es kürzlich der Deutsche Brauer-Bund. Wenn Brauereien und Gastronomen ihre Mehrkosten voll an den Verbraucher weitergäben, hieß es, sei man Ende dieses Jahres bei 7,50 Euro für eine Halbe. Ist das Szenario auch in Augsburg realistisch?
Die Zahlen, mit der der Brauer-Bund seine Prognose unterlegt, haben es in sich: Im Vergleich zum Vorjahr stieg der Preis für Glas seinen Angaben zufolge um 70 Prozent, für Braumalz und Kohlensäure um 90 Prozent, auch Hopfen (35 Prozent), Etiketten (30 Prozent), Kronkorken (120 Prozent) haben sich demnach deutlich verteuert. "Das stimmt alles", sagt Kuhnle, der in Augsburg braut und bei der Brauerei Kühbacher im Wittelsbacher Land abfüllen lässt. Schlüsselthema sei aber der Bereich Energie. Je nachdem, wann und zu welchen Konditionen Verträge mit Anbietern abgeschlossen worden seien und nun verlängert würden, könne die Preissteigerung für Brauereien "richtig bitter" werden. "Da bleibt niemandem erspart, die Erhöhungen auch weiterzugeben." Er selbst gehe von einer Anpassung von rund "zehn Prozent, vielleicht bisschen mehr" aus. 7,50 Euro für ein Bier seien seiner Einschätzung nach aber "überzogen". Stattdessen rechne er damit, dass der Bierpreis, der in Augsburger Bars und Wirtschaften aktuell meist zwischen 4 und 5 Euro liege, bis Ende des Jahres die 5-Euro-Grenze knacke.
Bier wird teurer: Augsburger Brauereien kämpfen mit Kostenexplosionen und erhöhen Preise
In vollem Ausmaß ist der Anstieg noch nicht beim Endverbraucher angekommen, Bierpreise gehen im Vergleich zu Lebensmitteln deutlich langsamer nach oben. Das liegt auch am enormen Druck im Handel. Während Brauereien ihre Kooperationen mit Gastrobetrieben meist längerfristig anlegen – und dadurch Preis-entwicklungen unmittelbarer umlegen können –, kann der Handel die Preise wegen der Konkurrenzsituation stärker diktieren. Auch Rabattaktionen spielen eine große Rolle. Folge ist ein Unterbietungswettbewerb.
"In meiner Struktur als Kleinbrauerei müsste ich eigentlich 30 Euro für eine Kiste Bier verlangen – was ich kriege, ist etwas mehr als die Hälfte", sagt Kuhnle. "Ich kann meine Wünsche schon äußern – aber dann fliege ich aus dem Sortiment. Ganz einfach." Da ihm aber wichtig sei, dass in Getränkemärkten Augsburger Biere zu kaufen seien, mache er weiter, "solange ich nicht drastisch draufzahle". Das festere Standbein für ihn sei der Gastro-bereich – also die wenigen Lokale, die er beliefert, der eigene Betrieb und größere Feste.
Auch Augsburgs größte Brauerei Riegele kommt um Preiserhöhungen nicht herum. Wie das Branchenmagazin Inside Getränke berichtet, verlangt Riegele seit vergangenem Oktober pro Liter Fassbier – dies betrifft vor allem die Gastronomie– 14 Cent mehr, pro Liter Flaschenbier – vor allem im Handel – 11,5 Cent mehr. "So weh das tut – an einem Anpassungsprozess kommen wir nicht vorbei", betont Geschäftsführer Sebastian Priller auf Anfrage und nennt als Grund deutlich gestiegene Produktionskosten zusammen mit Lieferengpässen– auch wenn sich diese teils wieder etwas entspannt hätten, etwa bei Kohlensäure.
7,50 Euro für ein Bier? Riegele: "Nicht ganz unrealistisch"
7,50 Euro für eine Halbe Bier in einer Bar oder Wirtschaft hält Priller für "früher oder später nicht ganz unrealistisch". Er verweist dabei auch auf gestiegene Löhne im Gastrobereich. Die Anhebung des Mindestlohns schlage "voll durch". Immerhin: Von einer gesunkenen Biernachfrage wegen Inflation und Co. merke man "erstaunlicherweise noch nichts". Gleichwohl kämpft die gesamte Branche damit, vorpandemische Zustände zu erreichen. Laut Inside Getränke lag der Fassbier-Absatz der 15 größten Brauereien in Deutschland im vergangenen Jahr rund 20 Prozent unter dem Niveau von 2019.
In einer Innenstadt-Kneipe, die Augusta Bräu ausschenkt, ist von Zurückhaltung nur wenig zu merken. Der Laden ist am Wochenende komplett voll. Bislang habe man von Preiserhöhungen noch abgesehen, heißt es dort, man werde zeitnah aber nicht "drum herumkommen". 7,50 Euro seien aber noch "weit weg". Ähnlich äußert sich der Augsburger Groß-Gastronom Stefan Bob Meitinger, der einen großen Anteil seines Biers von Thorbräu bezieht. Derzeit liege er bei 3,90 Euro für 0,5 Liter Bier, man müsse wohl auch bald erhöhen. "Mehr als 15 bis 20 Prozent sind aber aktuell nicht realistisch", sagt er. Er könne sich nicht vorstellen, dass man auf absehbare Zeit 7,50 Euro erreiche – "zumindest in normalen Bars und Wirtshäusern. In Diskotheken ist man umgerechnet schon gar nicht mehr so weit weg." Er gehe davon aus, dass bei fünf Euro eine Art Schmerzgrenze erreicht sei.