Die Augsburger AfD kritisiert die Demonstration gegen Rechtsextremismus am Samstag auf dem Rathausplatz. Erwartet werden zu der Kundgebung, die von einem breiten gesellschaftlichen und politischen Bündnis im Stadtrat getragen wird, tausende Teilnehmer, nachdem auch die Proteste in anderen Städten zuletzt großen Zulauf hatten. Stadträte der AfD sprachen in sozialen Medien von einem "Volksfront-Bündnis" wie in der DDR gegen die Opposition und einer "Demo für links-grüne Politik". Augsburgs AfD-Vorsitzender Andreas Jurca erklärte gegenüber unserer Redaktion auf Anfrage, dass es sein möge, dass auch Unterstützer aus der politischen Mitte dabei seien. Er sieht in der Demo aber ein politisches Manöver: "Die Altparteien befeuern und unterstützen die Proteste maßgeblich, um von den eigenen Verfehlungen abzulenken und einen unliebsamen, erstarkenden politischen Konkurrenten zu bekämpfen".
Gegenwind für die AfD auch in Augsburg
Die AfD sieht sich seit mehreren Wochen bundesweit deutlichem Gegenwind ausgesetzt, nachdem bekannt wurde, dass auch ranghöhere Politiker an dem Treffen mit Rechtsextremen bei Potsdam teilgenommen hatten, bei dem laut Enthüllungen des Recherchenetzwerks correctiv über ein groß angelegtes Abschiebungsprogramm gesprochen wurde, das auch "nicht assimilierte" deutsche Staatsbürger mit Migrationshintergrund betreffen könnte. Anwesend waren bei dem Treffen auch ein Referent von AfD-Chefin Alice Weidel (inzwischen hat man sich getrennt) und der AfD-Fraktionschef im Landtag von Sachsen-Anhalt.
Im Bezirkstag übte Bezirkstagspräsident Martin Sailer (CSU) zuletzt scharfe Kritik zu Beginn einer Sitzung. „Das, was wir derzeit erleben, erinnert uns an die dunkelsten Zeiten unserer Geschichte. Wir leben offenbar in einer Zeit, in der sich einige wieder trauen, ihre Menschenverachtung offen auszusprechen“, so Sailer. Im Augsburger Stadtrat verzichtete Oberbürgermeisterin Eva Weber (CSU) vergangene Woche darauf, das Thema anzusprechen, bezog dafür in sozialen Netzwerken und diversen Reden aber umso deutlicher Stellung. Sie habe selten etwas "Perfideres" gelesen.
AfD-Abgeordneter Jurca: "Handvoll Rentner in einem Potsdamer Hinterzimmer"
Die Augsburger AfD folgt dem Muster der Bundespartei und verweist auf das Parteiprogramm. Was eine "Handvoll Rentner in einem Potsdamer Hinterzimmer" diskutiere, sei nicht maßgeblich, so Jurca. Auf Nachfrage, ob seines Wissens jemand auf dem Treffen in Dasing im November mit dem Aktivisten Martin Sellner gewesen sei, verneint Jurca. Er selbst habe von der Zusammenkunft gar nichts gewusst. Insgesamt sei momentan eine "Verleumdungskampagne" gegen die AfD in Gang. Wer auf legalem Wege nach Deutschland komme, hier arbeite und die Kultur respektiere, sei willkommen, so Jurca.
Stadtrats-Fraktionsgeschäftsführerin und Bezirksrätin Gabrielle Mailbeck, eine gebürtige Brasilianerin, nutzt auch weiterhin demonstrativ das Wort "Remigration" - ein Begriff, unter dem man freiwillige Rück-Wanderungsbewegungen verstehen kann, aber auch zwangsweise Ausweisungen in großem Stil. Mailbeck sagt: Wer gut integriert sei und die Kultur respektiere, brauche sich keine Sorgen zu machen. ",Remigration' ist keinesfalls ein negatives Wort oder ein Geheimplan der AfD, sondern vielmehr die Rettung Deutschlands", so Mailbeck. "Menschen, die ,Allahu Akbar' rumschreien und Messerdelikte begehen, müssen sofort abgeschoben werden." Abschiebungen müssten aber selbstverständlich in Übereinstimmung mit Gesetzen und Grundgesetz stehen. "Behauptungen, dass Remigration alle Einwanderer betrifft, sind falsch. Sonst wäre ich jetzt am Flughafen auf dem Weg nach Brasilien", so Mailbeck. Es sei auch bezeichnend, dass Sailer nicht erwähnt habe, dass auch CDU-Mitglieder (Werteunion) in Potsdam vor Ort gewesen seien.
Die Augsburger AfD tritt im Stadtrat bislang moderat auf und widmete sich vor allem klassischen kommunalpolitischen Themen wie Auto-Stellplätzen oder Finanzen, wobei es auch in Augsburg in den vergangenen Jahren einen Rechtsruck gab. Zuletzt kam das Thema Flüchtlinge verstärkt zur Sprache, allerdings ohne verbale Grenzüberschreitungen. In den sozialen Netzwerken ist der zuletzt angeschlagene Ton dagegen schärfer.
AfD-Landtagsabgeordneter Jurca sieht in Höcke einen "politischen Pionier"
Auf einem Gruppenfoto vom Parteitag in Greding, das Mailbeck in ihrem Instagram-Profil postete, stehen nach einem Bericht des Bayerischen Rundfunks unter anderem zwei Mitglieder der neu-rechten "Identitären Bewegung". Mailbeck teilt dazu auf Anfrage mit, dass es sich um ein Bild "von jungen Patrioten" handle, die friedlich für ihr Vaterland einstehen. Jurca, der im Landtag sitzt, postete zuletzt ein Foto, das ihn mit dem umstrittenen Abgeordneten Daniel Halemba zeigt. In der Vergangenheit bezeichnete Jurca den vom Verfassungsschutz beobachteten Partei-Rechtsaußen Björn Höcke als "politischen Pionier". Er stehe nach wie vor zu diesem Facebook-Eintrag, so Jurca auf Anfrage. Höcke sei "alles andere als ein Rechtsextremer oder Fremdenhasser. Ein Pionier ist er für mich, weil er durch seinen frühen – vor allem lokalen – Erfolg in Thüringen schnell zur Zielscheibe der politischen Konkurrenz wurde", so Jurca. Er sei das Gesicht, an dem sich Gegner der AfD reiben.
Die AfD hat in Augsburg um die 150 Mitglieder
Offen ist, zu was die Kundgebungen gegen Rechtsextremismus nun führen werden. Bei der Landtagswahl in Augsburg kam die AfD auf gut 15 Prozent der abgegebenen Stimmen, in diesem Juni steht die Europawahl an. Wird nun eine gesellschaftliche Trennlinie aufgestellt zur AfD? Oder gibt es ein engeres Zusammenrücken im Umfeld der AfD? Jurca sagt, man sei momentan in der Defensive, sehe die Lage aber gelassen. Früher oder später werde die immer schlechter werdende die Sicherheits- und Versorgungslage sich bei allen bemerkbar machen. Mit 150 Mitgliedern ist der Augsburger AfD-Verband im Vergleich zu den anderen Parteien in Augsburg relativ klein. Im vergangenen Jahr sei man aber deutlich gewachsen, so Jurca.