Der Progressionsvorbehalt ist ein steuerrechtliches Prinzip, das in Deutschland zur Anwendung kommt, wenn Personen steuerfreie Einkünfte, wie beispielsweise Arbeitslosengeld I, beziehen. Er kann allerdings dazu führen, dass Ihre Steuerlast steigt - und das, obwohl Sie Arbeitslosengeld beziehen. Was es mit dem Progressionsvorbehalt auf sich hat und was Sie beachten sollten, erfahren Sie in diesem Artikel.
Übrigens: Es gibt eine Gruppe von Menschen, die häufiger Arbeitslosengeld beziehen als andere. Entscheidender Faktor ist hierbei das Alter. Für 2024 stehen im Übrigen schon alle Auszahlungstermine des ALG 1 fest.
Arbeitslosengeld: Was ist der Progressionsvorbehalt?
Obwohl das Arbeitslosengeld (ALG 1) selbst nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegt, spielt es dennoch eine Rolle bei der Bestimmung des Steuersatzes, der auf das übrige, steuerpflichtige Einkommen des Empfängers angewendet wird. Dieses Verfahren soll eine gerechtere Besteuerung sicherstellen, indem es berücksichtigt, dass das Gesamteinkommen einer Person – einschließlich der steuerfreien Bezüge – deren steuerliche Leistungsfähigkeit widerspiegelt, heißt es auf der Website der Lohnsteuerhilfevereinigung.
Die Logik hinter dem Progressionsvorbehalt ist relativ einfach, aber in seinen Auswirkungen bedeutend. Wenn eine Person Arbeitslosengeld erhält, wird dieses Einkommen bei der Berechnung des zu zahlenden Steuersatzes auf das restliche, steuerpflichtige Einkommen angerechnet. Das bedeutet, dass das Finanzamt das Arbeitslosengeld zum gesamten Einkommen hinzurechnet, um einen hypothetischen Steuersatz zu ermitteln. Dieser Steuersatz wird dann auf das tatsächlich steuerpflichtige Einkommen angewendet. Das Ergebnis ist oft ein höherer Steuersatz, als wenn das Arbeitslosengeld nicht berücksichtigt worden wäre, schreibt die Lohnsteuerhilfevereinigung.
Die Durchführung des Progressionsvorbehalts erfolgt laut der Agentur für Arbeit automatisch durch die Finanzverwaltung, basierend auf den Daten, die von der Agentur für Arbeit übermittelt werden. Nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem Leistungen bezogen wurden, überträgt die Agentur für Arbeit die relevanten Informationen an das Finanzamt. Diese Daten umfassen die Höhe des erhaltenen Arbeitslosengeldes sowie eventuelle Beiträge zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung, die von der Agentur übernommen wurden. Empfänger von Arbeitslosengeld sind daher verpflichtet, diese Beträge in ihrer Einkommensteuererklärung anzugeben, um eine korrekte Berechnung des Steuersatzes zu ermöglichen.
Hintergrund des Ganzen: Der Progressionsvorbehalt soll dafür sorgen, dass die steuerliche Belastung gerechter verteilt wird. Personen mit höherem Gesamteinkommen, die temporär steuerfreie Leistungen wie das Arbeitslosengeld beziehen, werden so besteuert, dass ihre steuerliche Last ihrer eigentlichen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit entspricht. Dies verhindert, dass Personen mit vergleichsweise hohem Einkommen von einem niedrigeren Steuersatz profitieren, der eigentlich nur für Geringverdiener vorgesehen ist, erklärt das Gabler Wirtschaftslexikon.
Neben dem ALG 1 gibt es im Übrigen noch weitere steuerfreie Einkünfte, bei dem der Progressionsvorbehalt zum Einsatz kommt, diese sind laut Lohnsteuerhilfeverein:
- Kurzarbeitergeld
- Elterngeld
- Mutterschaftsgeld
- Krankengeld und Verletztengeld
- Insolvenzgeld
- Übergangsgeld
- Aufstockungsbeiträge und Zuschläge bei Altersteilzeit
- Einkünfte aus dem Ausland, die aufgrund eines Doppelbesteuerungsabkommens in Deutschland steuerfrei sind
Arbeitslosengeld: Beispielrechnung mit Progressionsvorbehalt
Um das Prinzip des Progressionsvorbehalts bei ALG 1 besser zu verstehen, hier von uns eine vereinfachte Beispielrechnung:
Annahmen:
- Lena ist ledig und gehört zur Steuerklasse I.
- Sie hat in einem Jahr für 9 Monate gearbeitet und dabei ein Bruttoeinkommen von 36.000 Euro erzielt (4000 Euro pro Monat).
- Für drei Monate war Lena arbeitslos und hat Arbeitslosengeld in Höhe von 4500 Euro erhalten (1500 Euro pro Monat).
- Der durchschnittliche Steuersatz für Lenas Einkommensgruppe liegt bei 13,6 Prozent.
Ohne Progressionsvorbehalt:
- Lenas Steuerlast auf ihr Arbeitseinkommen von 36.000 Euro wäre ohne Berücksichtigung des Arbeitslosengeldes 4.896 Euro (13,6 Prozent von 36.000 Euro).
Mit Progressionsvorbehalt:
- Gesamteinkommen berechnen: Zuerst wird das Arbeitslosengeld zum Bruttoeinkommen hinzugerechnet, um das Gesamteinkommen zu ermitteln. Das ergibt 36.000 Euro + 4.500 Euro = 40.500 Euro.
- Hypothetischen Steuersatz ermitteln: Das Finanzamt berechnet nun, welcher Steuersatz auf das Gesamteinkommen von 40.500 Euro anzuwenden wäre, wie wenn das gesamte Einkommen steuerpflichtig wäre. Durch den Progressionsvorbehalt könnte dieser Steuersatz hypothetisch auf 14 Prozent steigen, da das höhere Gesamteinkommen Lena in eine leicht höhere Steuerlast bringen könnte.
- Steuern auf tatsächliches Einkommen anwenden: Dieser hypothetische Steuersatz von 14 Prozent wird jetzt auf Lenas tatsächliches steuerpflichtiges Einkommen von 36.000 Euro angewendet.
Berechnung der Steuern mit Progressionsvorbehalt:
- 14 Prozent von 36.000 Euro = 5040 Euro
Ergebnis:
- Ohne Progressionsvorbehalt hätte Lena 4896 Euro Steuern gezahlt.
- Mit Progressionsvorbehalt zahlt Lena 5040 Euro, also 144 Euro mehr.
Übrigens: Die Höchstdauer, in der man Arbeitslosengeld 1 erhalten kann, liegt bei 24 Monaten. Auch wer krank wird, kann weiterhin Arbeitslosengeld bekommen - allerdings nur für einen begrenzten Zeitraum.