Wer sich mit Aktien beschäftigt, stolpert früher oder später auch über den Begriff "Leerverkauf" (englisch: Short-Selling). Bei diesem Aktiengeschäft besitzt der Verkäufer die Aktien die er verkauft nicht, sondern hat sie nur geliehen. Doch wie soll damit Geld verdient werden und ist Short-Selling in Deutschland überhaupt legal?
Übrigens: Kürzlich ist die Aktie des Pharma-Konzerns Bayer abgefallen. Nach dem Absturz entschuldigte sich der Chef des DAX-Konzerns und gestand Fehler ein.
Wie funktioniert ein Leerverkauf von Aktien?
Ein Leerverkauf von Aktien, auch als Short-Selling bezeichnet, funktioniert, indem sich der Verkäufer Aktien leiht und sie dann am Markt verkauft. Der Verkäufer spekuliert darauf, dass der Aktienkurs sinken wird, erklärt der Bayerische Rundfunk (BR). Später kauft er die Aktien zu einem niedrigeren Preis zurück und gibt sie dem Verleiher zurück. Die Differenz zwischen dem Verkaufs- und dem Rückkaufpreis ist sein Gewinn.
Leerverkäufe von Aktien werden in der Regel von großen Fonds getätigt, die gemäß ihren Prospekten Aktien aus ihrem Vermögen an Spekulanten verleihen dürfen, schreibt das Magazin Capital. Diese Spekulanten, auch Leerverkäufer genannt, leihen sich die Aktien, verkaufen sie am Markt, kaufen sie später zu einem niedrigeren Preis zurück und geben sie dann dem Verleiher zurück. Leerverkäufe könnten laut dem Magazin aber auch von Hedgefonds oder anderen kurzfristigen Tradern durchgeführt werden, die kein Interesse am langfristigen Besitz eines Wertpapiers hätten.
Zusammenfassend werden Leerverkäufe laut dem Finanzportal Onvista hauptsächlich von professionellen Anlegern, Hedgefonds, institutionellen Investoren und spezialisierten Handelsgesellschaften getätigt. Sie verfügen in der Regel über das nötige Kapital und die Expertise und Risikotoleranz um Leerverkäufe durchzuführen. Privatanleger können in einigen Fällen ebenfalls Leerverkäufe tätigen, sofern ihr Broker dies ermöglicht und sie die erforderlichen Voraussetzungen erfüllen.
Leerverkäufe können als Absicherungsinstrumente eingesetzt werden, insbesondere von professionellen Anlegern wie Hedgefonds-Managern. Der Begriff "Hedge" in Hedgefonds bezieht sich tatsächlich auf die Absicherung, die durch Leerverkäufe erreicht werden kann. Indem sie Leerverkäufe tätigen, können Anleger auf fallende Kurse spekulieren und so potenzielle Verluste in ihren Portfolios ausgleichen, schreibt Forbes Advisor.
Wie verdient man beim Leerverkauf Geld?
Das primäre Ziel eines Leerverkaufes ist es natürlich, mit diesem Verkauf Geld zu verdienen. Dazu vertraut der Verkäufer allerdings fest darauf, dass die von ihm geliehenen und später verkauften Aktien in nächster Zeit im Kurs fallen werden so dass er sie für einen niedrigeren Betrag zurückkaufen kann. Die Kursdifferenz zwischen dem Verkauf und dem Rückkauf ist dabei der Gewinn des Leerverkäufers. Allerdings birgt dieses Vorgehen auch Risiken, denn der Kurs einer Aktie könnte nach dem Verkauf theoretisch unbegrenzt steigen, so dass der Verkäufer am Ende viel mehr Geld aufbringen muss, um die Aktien wieder zurückzukaufen und sie an den Verleiher zurückzugeben, schreibt Forbes Advisor. Beim normalen Aktienkauf ist das Risiko hingegen auf den investierten Betrag begrenzt – Aktien können nicht weniger als null wert sein.
Wichtig: Bei einem Leerverkauf müssen Verkäufer auch immer die Kosten wie Leihgebühren, Transaktionskosten und Zinszahlungen auf den Wert der geliehenen Aktie mit einkalkulieren. Diese schmälern den potenziellen Gewinn aus dem Leerverkauf, beziehungsweise erhöhen dessen Kosten nur noch, sollte das Geschäft nach hinten losgehen.
Leerverkauf einer Aktie - So wird gerechnet
Um das Szenario Leerverkauf zu verdeutlichen haben wir hier zwei Beispiele für Sie.
Szenario 1: Erfolgreicher Leerverkauf
- Ausgangssituation: Nehmen wir an, Sie glauben, dass der Preis der Aktien von Unternehmen X fallen wird. Der aktuelle Marktpreis der Aktie liegt bei 100 Euro.
- Leihen und Verkaufen: Sie leihen sich 10 Aktien des Unternehmen X und verkaufen sie sofort für 100 Euro pro Stück. Ihr Erlös aus dem Verkauf beträgt also 1.000 Euro (10 Aktien x 100 Euro).
- Preisrückgang: Ihre Prognose trifft zu und der Preis der Aktien fällt auf 80 Euro.
- Rückkauf: Sie kaufen nun 10 Aktien des Unternehmen X zurück, allerdings für 80 Euro pro Stück. Der Rückkauf kostet Sie insgesamt 800 Euro (10 Aktien x 80 Euro).
- Rückgabe und Gewinn: Sie geben die 10 Aktien an den Verleiher zurück. Ihr Ertrag beträgt 200 Euro (1.000 Euro - 800 Euro).
Szenario 2: Verlustreicher Leerverkauf
- Ausgangssituation: Wie zuvor leihen Sie sich 10 Aktien des Unternehmen X, als der Preis bei 100 Euro pro Aktie liegt.
- Leihen und Verkaufen: Sie verkaufen die 10 geliehenen Aktien zu 100 Euro pro Stück, was Ihnen wieder 1.000 Euro einbringt.
- Preisanstieg: Dieses Mal steigt der Preis der Aktien auf 120 Euro, entgegen Ihrer Erwartung.
- Rückkauf: Um die geliehenen Aktien zurückzugeben, müssen Sie sie jetzt für 120 Euro pro Stück zurückkaufen, was insgesamt 1.200 Euro kostet (10 Aktien x 120 Euro).
- Rückgabe und Verlust: Sie geben die 10 Aktien zurück. Ihr Verlust beträgt 200 Euro (1.200 Euro - 1.000 Euro).
Ist Short Selling in Deutschland erlaubt?
Leerverkäufe oder Short Selling sind in Deutschland zwar erlaubt, allerdings gab es jedoch auch Zeiten, in denen bestimmte Formen des Leerverkaufs vorübergehend verboten waren. Zum Beispiel wurde im Mai 2010 ein Verbot für den ungedeckten Leerverkauf von Eurozone-Staatsanleihen und Aktien in Deutschland verhängt. Ein ungedeckter Leerverkauf, auch bekannt als "Naked Short Selling", liegt vor, wenn der Verkäufer Aktien verkauft, ohne sie zuvor besessen oder ausgeliehen zu haben. Dies ist ein reines Spekulationsgeschäft, das dazu führen kann, dass mehr Verkaufsorders als tatsächlich existierende Aktien im Umlauf sind, was den Kurs der Aktie massiv unter Druck setzen kann, erläutert die Börse Frankfurt auf ihrer Website. Generell ist Short Selling in Deutschland jedoch eine zulässige Handelsmethode.
In Deutschland und in der gesamten EU wird das Short Selling laut der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) durch die EU-Verordnung über Leerverkäufe und bestimmte Aspekte von Kreditderivaten (EU-Verordnung Nr. 236/2012) reguliert.
Übrigens: Durch die voranschreitende Legalisierung von Cannabis wächst das Interesse an dem Thema. Mithilfe von Cannabis-Aktien wollen einige Anleger von dem Geschäft profitieren. Aktien lassen sich außerdem gut online handeln - sofern man beim Anlegen manche Dinge beachtet.